Der
Vorhang öffnet sich und der Vater fängt an mit seinem Sohn die
bevorstehenden Rituale für des Sohnes anstehende Hochzeit zu besprechen.
Kostüme, Gestiken und Sprache versetzen das Publikum in längst
vergangene Jahre zurück.
Lassen Sie uns auch kurz ins 18.
Jahrhundert zurückblicken. Es ist die Zeit von Katharina der II. Nach
dem Krieg gegen die Türkei hatte Russland viel, sehr viel Land -
insbesondere in der Region am Schwarzen Meer - und kaum Leute die es
richtig bebauen und bewirtschaften konnten. Als gebürtige Prinzessin
Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst-Dornburg war die Heimat
Katharinas in Stettin und sie kannte die Vorteile der hart arbeitenden
und verantwortungsbewussten Deutschen. Diese Angewohnheiten wollte sie
sich zunutze machen und versprach den deutschen Einwanderern ihnen Land
zu schenken bzw. günstig erwerben zu können welches sie nach ihrem
Gutdünken bebauen sollten. Auch weitere Anreize wie eine 30jährige
Steuerfreiheit, kulturelle Autonomie, kommunale Selbstverwaltung,
Befreiung vom Militärdienst, Gewerbefreiheit und sehr wichtig – die
Religionsfreiheit und das Beibehalten der deutschen Sprache boten eine
schöne Zukunftsaussicht.
Wer sich zur Umsiedlung entschieden
hatte bekam dann noch einen Teil der Kosten zugesprochen. Die
Verlockungen waren also sehr groß, zumal Hungersnöte, politische und
religiöse Unterdrückung und hohe Steuern in Deutschland das Leben sehr
erschwerten. Doch bevor man ankam und beginnen konnte mussten noch weit
über 1000 Kilometer überwunden werden. Zur damaligen Zeit kein leichtes
Unterfangen. Man reiste – je nach Geldmittel – entweder zu Fuß oder per
Schiff in die neue Heimat. Viele fielen unterwegs Krankheiten zum Opfer
oder wurden bei Überfällen getötet.
Selbst nachdem man das Ziel
erreichte – die ersten Jahre waren sehr hart. Man musste sich selbst an
das neue, raue Klima gewöhnen und so fielen die ersten Ernten aufgrund
der anderen Temperaturen auch nicht besonders üppig aus. Es herrschte
Hunger. Aber dem allem zum Trotz setzte sich der energische Wille der
Deutschen durch und ein paar Jahre später trat ein richtiger
Einwandererboom ein und neue Kolonien wurden gegründet. Allein die
Wolgadeutschen zählten bald 370.000 Personen. Es wurden Schulen,
Kirchen, Kulturpaläste und Theater errichtet und so fühlte man sich nach
und nach wirklich heimisch im fremden Land. So war es nicht
verwunderlich, dass auch hier in den einzelnen Orten bald geheiratet
wurde.
BrautpaarAus dieser Zeit stammt die Aufführung der Wolgadeutschen Hochzeit.
Der
Vater sprach natürlich erst einmal bei den eventuell zukünftigen
Brauteltern vor um die Vorteile seines Sohnes und die Mitgift zu
besprechen. „Der Hanns ist nicht arm und unser einziger Sohn. Von seinen
Eltern bekommt er einen Gaul und eine Kuh." Die Mitgift der Frau bezog
sich meistens auf Haushaltsgegenstände wie Tücher, Geschirr und
Bettdecken. War man sich einig, wurde es dann mit einem Gläschen
Selbstgebranntem beschlossen und besiegelt. Die Verlobung bzw. das
Eheversprechen war immer der erste Schritt zur Hochzeit.
Nach der
Verlobung wurden 2 Hochzeitsbitter von der Braut und zwei vom Bräutigam
bestellt. Diese zogen mit ihren Bänderstöcken zu den Häusern der
Nachbarn, Freunde und Bekannte um sie von dem frohen Ereignis zu
unterrichten und einzuladen. Wer sein Familienband an den Stock knotete
hatte damit gleichzeitig sein Einverständnis und sein Kommen zur
Hochzeit bekundet.
Dann
folgte die Bestellung des Aufgebotes und anschließend ging es zur
Kirche um dort das Eheversprechen abzulegen. Braut und Bräutigam haben
sich in ihre schönsten Gewänder gehüllt um den Bund der Ehe vor Gott und
der Kirche zu beschließen und um die Ringe der Treue mit den Worten „
Trag diesen Ring als Zeichen unsrer Liebe und Treue" gegenseitig
anzustecken. Andächtiges Schweigen herrschte rundherum als der Pastor
den abschließenden Satz „ Was Gott zusammengefügt hat, das soll der
Mensch nicht scheiden" sagt. Einigen stehen die Tränen der Rührung im
Auge als das Brautpaar sich zum Ende der Szene herzlichst küsst.
Zum
krönenden Abschluss begaben sich alle Geladenen zum Haus des Bräutigams
um dies Ereignis gebührend zu Feiern. Vor dem üppigen Mahl wurde das
Ehegesetz verkündet:
Das Ehegesetz
§ 1 Dieses Gesetz tritt mit dem Ja-Wort in Kraft.
§ 2 Der Ehemann ist ab dem Zeitpunkt der Eheschließung der Glücklichste seiner Art.
§ 3 Der Mann hat eine eigene Meinung – die Frau hat RECHT und verwaltet das eheliche Vermögen.
§ 4 Sollte die Frau einmal nicht Recht haben, tritt automatisch § 3 in Kraft.
§ 5 Das Ehepaar besteht aus zwei Hälften, die Frau ist die Bessere.
§ 6 Der Mann verdient das Geld, die Frau gibt es aus.
§ 7 Der Ehemann hat sein Einkommen pünktlich zu Hause abzuliefern und sein Taschengeld mit kindlicher Freude entgegenzunehmen.
§ 8 Die Frau ist unter der Haube, der Mann unterm Pantoffel.
§
9 Falls der Ehemann an Trotz leiden sollte, sonstige bockige Seiten
aufzuweisen hat, ist ihm der Hausschlüssel zu entziehen und der
Pantoffel gefechtsbereit zu zeigen.
§ 10 Dem Ehemann ist es gestattet, jeden Abend zu Hause zu bleiben.
§ 11 Wann der Mann fortgeht, bestimmt der Mann, wann er heimkommen soll, bestimmt die Frau.
§ 12 Die Frau hat den Mund aufzumachen, der Mann hat ihn zu halten.
§ 13 Meinungen dürfen nur von der Frau ausgesprochen – vom Mann nur gedacht werden.
§ 14 Der Mann gibt nie zu, dass er auch mal Recht hat, sonst ist er gleich unten durch.
§ 15 Die Gartenarbeit ist Gemeinschaftssache; die Einteilung untersteht der Frau, die Durchführung dem Mann.
§ 16 Der Mann hat zu Essen was auf den Tisch kommt und immer ein freundliches Gesicht zu machen.
§
17 Dem Ehemann ist es erlaubt, auch seine Frau von Zeit zu Zeit etwas
lieb zu haben. Er sollte aber niemals sagen: „Du kannst mich gern
haben!"
Stimmungsvoll wurden mit dem Chor zu der Feier einige
bekannte und mitreißende Lieder von allen Anwesenden gesungen. Fast wie
im richtigen Leben. Es war eine wirklich gute Inszenierung die alle
Sinne angesprochen, viele Stimmungen verbreitet hat und ich denke auch
in die Herzen vieler Anwesenden übergegangen ist. Weiter so!!
Die
Aufführung der Wolgadeutschen Hochzeit wurde von der Ortsgruppe
Wuppertal der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.
durchgeführt in Begleitung des Chors „ Heimatmelodie" und fand in den
Räumen der AWO Begegnungs- und Beratungszentrums Carlo Ross,
Fraunhoferstr.18, 58097 Hagen, statt.